Samstag, 29. Februar 2020

How to create a "Criminal" ( Kriminalisierung von geflüchteten Menschen in Bayern)

Eine Reise voller Hoffnung, Perspektiven und Erwartungen in Europa und am Ende werden die Menschen zu „Straftätern “
Kriminalisierung durch den Staat, wenn geflüchtete Menschen zu Straftätern werden und warum wir dringend etwas ändern müssen...

Seit 2015 bin ich ehrenamtlich in einer Containerunterkunft in Aschheim/Dornach tätig.
Damals habe ich mir gedacht, dass ich in meiner Elternzeit etwas sinnvolles tun kann und seitdem bin ich in der Flüchtlingshilfe aktiv. Menschenrechtsaktivist bin ich seit über 30 Jahren.
Ich habe viele Menschen kommen und gehen sehen, wir haben viele Hürden gemeistert und sind oft tief gefallen. An Aufhören war nie zu denken.
Viele Ehrenamtliche haben sich zurückgezogen. Gerade hier in Bayern, da der Frust zu groß wurde.
Wir haben mit den Geflüchteten Deutsch gelernt, sie zu Ämtern begleitet, zu Arztbesuchen und Krankenhäusern, haben Feste veranstaltet um sie Willkommen zu heißen und der Bevölkerung die Möglichkeit zu bieten, Ängste zu überwinden und die Menschen einfach kennenzulernen, sie zu integrieren und oft war es leider doch nicht genug.
Die Senegalesen hier in Bayern haben einen besonders schweren Stand.
Seit 2016 dürfen sie nicht mehr arbeiten und dass ist „bayrisches Gesetz“. Wir haben demonstriert und nicht zu wenig, Petitionen verfasst, geklagt... Alles hoffnungslos und doch geben wir nicht auf.
Arbeit ist ein Menschenrecht. Die Begründung der Regierung, wer aus einem „sicheren Herkunftsland wie Senegal“ kommt, darf nicht arbeiten und soll am besten so schnell wie möglich das Land wieder verlassen und am Liebsten weiterwandern, illegal in die Nachbarländer. Denn Abschiebungen in den Senegal sind selten und doch gibt es sie.
Ich habe Kontakt zu vielen Rückkehrern, abgeschobenen Menschen oder auch „freiwilligen“ Rückkehrern soweit man das freiwillig nennen kann. Die Rückkehr fällt schwer und ein einigermaßen normales, würdevolles Leben ist fast unmöglich. Ebenso wird erwartet, dass der Rückkehrer viel Geld dabei hat.
Schließlich hat er es doch „geschafft“. Mit nichts kann man nicht heimkommen.
Wir können uns kaum vorstellen, wie viel Druck dahintersteckt. Wie gut es uns doch geht....
In einem Land, in dem die Hälfte der Bevölkerung jünger als 18 Jahre ist, kann man sich ausrechnen was die jungen Menschen motiviert nach Europa zu kommen. Die Perspektiven im Senegal sind gleich 0.
Keine Arbeit, viele Familien schicken ihre Kinder nach Europa.
Der Kontinent der Hoffnung. Kann man es ihnen verdenken?
„Nun sind sie nun mal hier“ wurde oft gesagt. „Warum dürfen sie nicht in der Zeit arbeiten, solange man sie nicht abschiebt?“
Fragen über Fragen. Laut Anfrage einer „Grünen Abgeordneten“ an die Regierung, wurde uns schon 2016 mitgeteilt, dass ein Flüchtling ca. 1200 Euro monatlich kostet. ( Unterbringung, Security etc.)
Die Menschen in unserer Unterkunft die nicht arbeiten, bekommen seit 2015 330 Euro monatlich.
Jeder kann sich ausrechnen, was dass den Staat bisher gekostet hat. Hätte man die Menschen arbeiten lassen, eine Ausbildung machen lassen, anstatt ihnen überall ein „No“ in die Duldung zu stempeln, hätten wir alle etwas davon gehabt. Viele der Menschen haben mein Leben bereichert, mit ihrer Hoffnung, ihrer Kraft und Stärke, ihren Talenten, ihrer Arbeit, die uns allen soviel hätte bringen können.
Stattdessen sind wir nun nach fast 5 Jahren an einem Punkt angekommen, wo die bayerische Regierung (Innenministerium) die Senegalesen „kriminalisiert“ in dem man sie als Straftäter betitelt und auch genauso in die Gefängnisse steckt, zusammen mit Terroristen, Mördern, Vergewaltigern.
Gibt man den Pass der Ausländerbehörde sitzt man im nächsten Flieger, gibt es keinen Pass und man „bemüht“ sich nicht, dann landet man im Gefängnis. Als Straftäter, ab 90 Tagessätzen ist man vorbestraft und so ist es nun. Einige der Senegalesen, die ich über die Jahre kennenlernen durfte, verbringen nun ihre Zeit z.b. in Stadelheim. Erst letzte Woche wurde jemand aus unserer Containerunterkunft von der Polizei früh morgens abgeholt. Dazu muss ich sagen, dass er eine „Ratenzahlung“ vereinbart hatte ( 40 Euro monatlich, die Strafe beläuft sich auf 1400 Euro für die „Identitätsverweigerung“ was diskriminierend genug ist).
Damit war man nicht einverstanden. Es sollten 65 Euro bezahlt werden. Was für A. unmöglich ist. Somit wurden von ihm 2 Raten a 40 Euro geleistet.
Ich bin zutiefst geschockt wie hier mit den Menschen umgegangen wird und da wundern sich die Innenminister aus Bayern oder Deutschland, warum der Hass immer größer wird? Warum Menschen nicht mehr wirklich menschlich denken und handeln?
Nicht zu vergessen, die Kosten die wieder entstehen.... Haben wir nicht genug Menschen auch hier in München, die auf der Straße leben und schlafen? Gibt es keine bessere Möglichkeit Menschen das Recht auf Arbeit zu gewähren und die Kosten ( Steuern die wir zahlen) zu senken?
Warum gibt man den Menschen nicht die Möglichkeit etwas zu lernen und in den Heimatländern nach einiger Zeit die Erfahrung von hier anzuwenden? Wir wissen, dass Afrikaner innerhalb ihres Kontinents migrieren, nun ist es außerhalb und von Anfang an wurde es ihnen schwer gemacht...
Jetzt noch viel mehr.
Sie werden kriminalisiert ohne wirklich etwas getan zu haben, sie werden als Straftäter betitelt, selbst wenn A. Deutschland nach der Entlassung in 5 Monaten verlässt, in Europa bleibt er vorbestraft.
Ein junger Mann, der versucht hat, von hier seine Familie, seinen Sohn zu ernähren und seiner Familie ein etwas besseres Leben mit Bildung zu bescheren.
Nun weiß keiner wie es weitergeht.
In diesen Tagen frage ich mich, wer hier über Recht und Unrecht entscheidet und warum wir Menschen uns Stück für Stück selbst „abschaffen“.
Wenn jeder den anderen respektiert und akzeptiert, dass niemand etwas dafür getan hat, wo er geboren wurde, aufgewachsen ist oder welche Hautfarbe oder Religion er hat, dann wäre unsere Welt vielleicht ein wunderschöner Ort.

Wir hatten Glück, sie hatten Pech und wir haben nichts dafür getan.

Astrid Schreiber
März 2020

Sonntag, 2. Februar 2020

Afrikanisch-Europäische Schnittstellen: senegalesischer Aktivist & Künstler im Interview












Der Senegalesische Künstler und Aktivist Thiat und die deutsche Menschenrechtsaktivistin Astra sprechen mit Achim Waseem Seger über ihre Zusammenarbeit und gemeinsame zukünftige Projekte, u.a. einen Dokumentarfilm. 


In einem offene Gespräch wurden neben aktuellen Themen wie Flucht/Migration und langjährigen Themen wie Kolonialismus auch die Situation vor Ort im Senegal und in Deutschland diskutiert. Das Interview wurde auf englisch geführt. 
Hier das Interview auf youtube

Interview hier clicken